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Bewerben ohne Antwort: Wie wir Talente verlieren – und was Unternehmen jetzt ändern müssen

Aktualisiert: 30. Juni


Ich erlebe es fast täglich im Coaching: Fähige, qualifizierte und engagierte Menschen, die irgendwann sagen: „Ich bewerbe mich nicht mehr – ich kann das nicht mehr ertragen.“

Warum?

Weil aus jeder Absage – oder schlimmer: aus jedem Schweigen – ein innerer Satz entsteht:

„Ich bin nicht gut genug.“„Ich werde übersehen.“

Und ehrlich: Ich verstehe das. Denn Absagen tun weh – vor allem, wenn sie leer sind. Ohne Kontext. Ohne Erklärung. Ohne jede Chance, zu lernen und zu wachsen.


❌ Keine Rückmeldung = Keine Entwicklung

Viele Unternehmen in Deutschland verzichten vollständig auf Feedback im Bewerbungsprozess. Die Standardabsage lautet sinngemäß: „Wir haben uns für jemanden entschieden, der besser zu uns passt.“ Juristisch sicher – menschlich ein Armutszeugnis. Denn:


🎯 Was das Fehlen von Feedback auslöst:

  • Wir verlieren Talente, die sich nur noch auf „sichere Matches“ bewerben

  • Wir fördern Selbstzweifel statt Selbstwirksamkeit

  • Wir zementieren eine Kultur, in der Scheitern nicht als Lernchance, sondern als Makel gilt

  • Wir sabotieren Diversity, weil besonders Frauen und marginalisierte Gruppen früher aufgeben (Studien belegen das deutlich)


📊 Warum Feedback entscheidend ist


  • 70 % der Bewerber:innen würden sich erneut bewerben, wenn sie konstruktives Feedback erhalten hätten (Talent Board Candidate Experience Report)

  • Laut einer Studie aus Italien steigert individuelles Feedback nach Interviews signifikant die Selbstwirksamkeit und Motivation von Bewerber:innen

  • Frauen reagieren nach Absagen deutlich emotionaler und zurückhaltender als Männer – sie ziehen sich schneller zurück (GLAMOUR/LinkedIn-Analyse)

  • Über 50 % aller Bewerber:innen berichten, dass sie sich nach einem schlechten Bewerbungsprozess nicht mehr bei diesem Unternehmen bewerben würden (CareerArc)


Was Unternehmen konkret tun können – 5 Empfehlungen aus der Praxis


1. Standardfeedback professionalisieren

Auch wenn nicht für jeden Einzelfall:Formulieren Sie Feedback in Kategorien:

  • Stärken: „Ihre Führungskompetenz war überzeugend“

  • Abweichung: „Für diese Rolle waren internationale Projekterfahrung ein Muss“

  • Impuls: „Für ähnliche Positionen könnten XYZ hilfreich sein“


2. HR & Hiring Manager schulen

Nicht jede Führungskraft kann gut Feedback geben.Trainings zu wertschätzender, rechtssicherer Kommunikation zahlen sich mehrfach aus – auch intern!


3. Automatisierte Feedback-Bausteine mit Persönlichkeit kombinieren

Klingt technisch? Ist aber effizient.Beispiel: Bausteine + individuelle Notiz aus dem Interview = konstruktives Hybrid-Feedback.


4. Transparente Prozesse – mit Erwartungsmanagement

Ein einfaches:

„Wir geben Rückmeldung bis spätestens [Datum].“… hilft enorm. Menschen planen besser, fühlen sich respektiert – und vertrauen dem Prozess.

5. Absagen als Teil von Employer Branding denken

Wer respektvoll absagt, bleibt positiv in Erinnerung.Absagen sind kein Ende – sie sind ein Signal. Und oft ein Türöffner für spätere Rollen.


Mein Appell: Feedback ist kein Risiko – es ist Verantwortung


Statt sich juristisch abzusichern, braucht es mehr Mut zur Menschlichkeit. Denn:

Feedback ist kein Luxus – es ist Teil einer gesunden Unternehmenskultur.

Wenn wir von „Growth Mindset“ und „New Work“ sprechen, dann gehört auch radikale Offenheit im Recruiting dazu.


👂Was denkst du?

  • Sollten Unternehmen Feedback verpflichtend machen?

  • Wie geht dein Unternehmen mit Bewerberrückmeldungen um?

  • Und welche Feedbacks haben dich persönlich geprägt – im Guten wie im Schlechten?


Ich freue mich auf den Austausch – gerade mit Recruiter:innen, HR-Profis und Führungskräften.Denn wenn wir nichts ändern, verlieren wir Menschen lange bevor sie überhaupt eine echte Chance bekommen.


 
 
 

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